Woche der Mobilität 2014

Europäische Woche der Mobilität

Pressemitteilung September 2014

Tramprovisorium, Stadtradeln: Wie sieht es aus mit dem Verkehr in Neu-Isenburg?

Viele Wochen mussten Isenburger Pendler ganz auf die Tram nach Frankfurt verzichten, nun rollt sie wieder, auf sanierten Gleisen. Aber nur bis unter die Autobahnbrücke.  Offensichtlich kann sich nicht jeder an das fragwürdige Ambiente unter der Brücke und den mühsamen Weg dorthin gewöhnen, denn die Bahnen sind eher gering besetzt. Auf die gewohnte Endhaltestelle müssen die Fahrgäste noch eine Weile warten, denn die aufwendige Erneuerung der Wendeschleife  braucht Zeit.

Viele Bürger beteiligen sich beim Stadtradeln.  Weniger routinierte und robuste Radler machen die Erfahrung, dass es Nerven kostet, sich im dominanten Isenburger Autoverkehr zu behaupten. An kritischen Stellen neigen manche zur Flucht auf den Gehweg. Viele Ampelstopps, die doch nur dem Autoverkehr geschuldet sind, machen den Vorteil des an sich platzsparenden und wendigen Radverkehrs zunichte. Vor allem können sich viele Autofahrer offensichtlich noch nicht damit abfinden, den Verkehrsraum mit Radlern zu teilen.

Die Sanierung der Tram und die Radler-Initiative verdeutlichen die Bemühungen um ein regionales Verkehrskonzept. Solange aber der rollende und ruhende Autoverkehr die Mobilität und das Stadtbild  von Neu-Isenburg derart prägen, ist das Potential der Stadtentwicklung – einschließlich neuer Quartiere – begrenzt. Nur ein geschlossenes Straßenbahnnetz, das alle relevanten Verkehrsströme erfasst, kann die Grundlast des Verkehrs vom Auto übernehmen und damit zugleich die nötigen Freiräume fürs innerstädtische Radeln schaffen.  Derzeitige Autoverkehrsadern könnten dann zu ansprechenden Boulevards mit städtischer Atmosphäre umgewandelt werden.

Die hervorragend sanierte Strecke, auf der demnächst die Tramlinie 17 in kurzer Fahrzeit den Frankfurter Hauptbahnhof erreichen wird, bietet nun wahrhaftig mehr Kapazität, als die heutige, außerhalb der Stadt gelegene Endhaltestelle erschließen kann. Die aufwändigen Investitionen lohnen erst wirklich, wenn die Linie mindestens bis zum Isenburg-Zentrum geführt und dort mit der künftigen Regiotram „Westtangente“ verknüpft wird. Aber erst mit der Verlängerung beider Strecken würden alle heutigen und künftigen Quartiere ausreichend bedient: die künftige Tramlinie 17 bis Dreieich, um das Gewerbegebiet Mitte und das neue Südquartier zu erschließen; die Westtangente bis zum Gewerbegebiet Ost, wovon auch Bewohner des künftigen Viertels „Birkengewann“ profitieren könnten.

Leider lässt die aufwändig sanierte Wendeschleife keine baldige Weiterführung der Tram erwarten. Schon vor einiger Zeit hatte die Montagsrunde den zuständigen Behörden vorgeschlagen, auf die Schleife und damit verbundene Kosten zu verzichten und stattdessen das Gleisbild für eine Weiterführung vorzubereiten. Schleife wie Gleisumbau wären nicht sehr kostspielig, war die Antwort. Angesichts der sehr umfangreichen Arbeiten an der Endhaltestelle – ohne bislang absehbares Ende - mag man daran zweifeln.

Grundsätzlich sollte ein Verkehrskonzept auch die Finanzierung einschließen. Der Bau von Tramlinien ist zweifellos kostspielig. Das gilt aber auch für die Bereitstellung des öffentlichen Raumes für rollenden und ruhenden Autoverkehr. Isenburg hat einen vergleichsweise hohen Bestand an PKW, der überwiegend gratis auf öffentlichen Straßen, Plätzen und Gehwegen untergebracht ist. Am Rande des Mobilitätsforums Kreis Offenbach wurde auf den Schweizer Brauch verwiesen, Gebühren für das Parken auf öffentlichem Grund zu erheben, insbesondere für das Anwohnerparken. Eine Anrechnung der Gebühr auf ein Tram-Abonnement wäre vielleicht sinnvoll. Solch praktizierte Kostenwahrheit im Verkehr dürfte sicher eine günstigere Mobilitätsstruktur bewirken: Autofahren und Parken wäre teurer, Bus und Bahn deshalb besser ausgelastet und weniger defizitär. Und es gäbe mehr Platz für Fußgänger und Radler.

Montagsrunde, 16.9.2014, Tel. 06102 21336

 

(erschienen in FR, FNP, OP)