Verkehrswende in Neu-isenburg

Schafft Neu-Isenburg die Verkehrswende?

Wattclub-Veranstaltung 16.2.16

 

Die Mobilität kommt in Bewegung. Klingt absurd, aber tatsächlich war die Struktur der Isenburger Mobilität lange im dominanten Autoverkehr erstarrt. Knapp 10.000 Auspendler verließen täglich unsere Stadt mit ihrem Auto, fast doppelt so viele Autopendler kommen immer noch rein. Seit Inbetriebnahme der so lange geforderten Straßenbahn zum Frankfurter Hauptbahnhof hat sich aber was geändert. Die neue Linie 17 ist erfolgreich, wie der überfüllte Park-and-Ride-Platz sichtbar beweist. Sogar einige markierte Radstreifen erleichtern das Radeln auf kritischen Straßenabschnitten. Nahe der Stadtgrenze wurde ein maroder Radweg unter der Autobahnbrücke wenigstens teilweise befestigt. Einige zeitgemäße Fahrradbügel stehen jetzt unmittelbar an der Haltestelle zur Verfügung, demnächst sollen auch die alten Fahrradständer entsprechend ersetzt werden. Isenburger Radler werden vom  künftigen Expressradweg Darmstadt – Frankfurt profitieren. Endlich ist auch Car Sharing im Angebot. Die Regiotramlinie „Westtangente“ wird wirklich gebaut, hoffentlich verlängert bis zum Gewerbegebiet Ost. Und demnächst wird ein Car-Sharing-Angebot hoffentlich manchen Zweit- oder Drittwagen überflüssig machen.

Nur durch die enge Zusammenarbeit zwischen Kommunal-, Kreis- und Regionalpolitik, der Wissenschaft und der Bürgergesellschaft wurde dies erreicht, kann auch die Verkehrswende umgesetzt werden. Durch solche Kooperation wurden im Mobilitätsforum Kreis Offenbach und vor allem im Rahmen des Energiekonzepts Frankfurt-Rhein-Main konkrete Ziele vereinbart, die nun lokal – auch bei uns – realisiert werden müssen. Ab 2050 soll der Ballungsraum klimaneutral sein, und beim Verkehr besteht größter Handlungsbedarf.

Wenngleich es engagierten Bürgern gelungen ist, manche Maßnahme durchzusetzen, so kommt es doch drauf an, dass nicht nur die Verkehrsplanung konsequent auf klimaschonende Mobilität ausgerichtet wird, sondern die gesamte Bürgergesellschaft ihre Mobilitätsgewohnheiten umstellt. Noch als Isenburger Bürgermeister hatte der heutige Landrat mal festgestellt, dass in der Stadt mehr Autos als Führerscheininhaber registriert seien. Die allabendlich total zugeparkten Wohnquartiere scheinen dies zu bestätigen. Einige Strafmandate fürs Parken auf dem Gehweg haben aber nun eine öffentliche Debatte entfacht, und – wen wundert’s - es gab nicht nur Empörung der Autobesitzer, sondern auch Verständnis für die Ahndung der doch sehr behindernden Parkgewohnheit.

Hier müssen wir ansetzen. Es reicht nicht, wenn auf den durchaus gut besuchten kommunalen Veranstaltungen meist dieselben Gesichter zu sehen sind. Der neu ernannte Klimaschutzbeauftragte der Stadt sollte nicht nur die in den regionalen Projekten vereinbarten Klimaschutzziele kreativ umsetzen. Er muss auch die Bürger überzeugen. Im Zuge der Verkehrswende müssen die Autobesitzer an den immensen kommunalen Kosten beteiligt werden, die der von ihnen zum Fahren und Parken beanspruchte öffentliche Raum nun mal verursacht. Nur der Wechsel zum Fußverkehr, Fahrrad, Bus und Bahn kann sie davor bewahren.

Defizite bestehen noch in der Kooperation zwischen Frankfurt, Umland und dem Verkehrsverbund RMV. So orientiert sich das Angebot von Bus und Bahn kaum am Bedarf, sondern viel mehr an den enormen Tarifsprüngen an den Stadtgrenzen. Die vom RMV medial gepriesene Erprobung eines entfernungsabhängigen E-Ticketing für eine sehr begrenzte Zahl gelegentlicher ÖPNV-Nutzer wird wenig bewirken. Wir brauchen billigere Tickets, vor allem preisgünstige Zeitkarten zwischen Frankfurt und angrenzendem Umland, wenn die derzeit rund 300.000 täglichen Autopendler auf Bus und Bahn umsteigen sollen. Auch der Wunsch einer auf die Tram 17 abgestimmte Buslinie „17A“ durch Isenburg nach Dreieich wurde nicht sachlich, sondern mit Verweis auf örtliche Zuständigkeiten von der Stadt Frankfurt abgewiesen.

Nur mit einem übergreifenden Bürgerengagement wird eine regionale Strategie zum Klimaschutz zustande kommen, können Gremien aus Metropole und Umland gemeinsame Ziele umsetzen. Nur so überwinden wir Stadt- und Tarifgrenzen, nur so schaffen wir die Verkehrswende.