Pendlerverkehr: Verkehrswende in Isenburg

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Isenburger Verkehrswende

 

Nun ist es amtlich, auch wenn’s kaum jemand gemerkt hat. Gemessen an der Einwohnerzahl übertrifft Neu-Isenburg noch den intensiven Pendlerverkehr von und nach Frankfurt. Gut 11.000 Isenburger verlassen täglich die Stadt, über 24.000 kommen rein, und die allermeisten tun’s mit dem Auto. Mit Realisierung der neuen Stadtviertel Birkengewann und Südquartier könnte der Autoverkehr sogar noch zunehmen. Der Bürgermeister erwartet einen weiteren Zuwachs von einigen tausend Arbeitsplätzen in der Stadt.

 

Die künftige Siedlungs- und Gewerbestruktur bietet aber auch Chancen, das Verkehrsaufkommen zu senken und die Lebensqualität zu steigern. Vielerorts hat es sich bewährt, schon vor der Fertigstellung neuer Quartiere dort ein attraktives Angebot öffentlicher Verkehrsmittel zu installieren. So erreichen schon die mit den Bauarbeiten befassten Werktätigen klimaschonend ihren Arbeitsplatz, erst recht später die neuen Bewohner ihre Heimstatt. Im Straßenraum sollte dem Fuß- und Rad- und öffentlichen Verkehr Priorität vor dem Auto eingeräumt werden.

 

Die künftige, nach Osten verlängerte Regiotramlinie „Westtangente“ ist lobenswert, kommt als Wegbereiter einer Verkehrswende aber viele Jahre zu spät. Im Vorlauf sollte die Stadt deshalb möglichst bald Buslinien einrichten, die ungehindert vom Autoverkehr einen gesicherten Anschluss an die Straßenbahn und S-Bahn gewährleisten.

 

Der Zwang zum Pendeln über immer weitere Strecken mindert gleichermaßen den Wohlstand und die Lebensqualität nicht nur der Pendler, auch der Anlieger, die den Autoverkehr aushalten müssen. Ursache ist die Konzentration des Gewerbes auf attraktive, gerade auch steuerlich günstige „Standorte“. Zugleich sehen sich die Unternehmen schon lange nicht mehr in der Pflicht, ihrem wichtigsten Produktionsfaktor, dem Personal, die nötige Infrastruktur zu bieten. Werkswohnungen sind längst Geschichte, wären aber heute im Ballungsraum notwendiger denn je. Stattdessen steigen die Mieten unablässig, Durchschnittsverdiener werden an die Peripherie abgedrängt.

 

So obliegt es nun der Kommune, mit einem großen Angebot bezahlbarer Sozialwohnungen den Pendlerstrom zu begrenzen. Vor allem sollte gelingen, bisherige Pendler in den neuen Quartieren anzusiedeln. Ungeachtet dessen muss endlich die von so vielen Verkehrsexperten geforderte, bis Dreieich verlängerte Straßenbahnlinie realisiert werden. Denn diese ist und bleibt das Kernelement einer Isenburger Verkehrswende.

 

Als Profiteure des auch steuerlich so attraktiven Standorts sollte das Gewerbe einen Beitrag zu einer intelligenten Siedlungs- und Mobilitätsstruktur leisten, etwa durch Subventionierung günstiger Bustickets oder in Form von Mietzuschüssen. Aufgrund einer inzwischen bewährten kommunalen Verkehrskostenrechnung (Uni Kassel) könnte – wie in der Schweiz oder in Wien - eine angemessene Parkraumbewirtschaftung eingeführt werden, die das Defizit aus der Nutzung des öffentlichen Raumes deckt und Anreize zum Umstieg auf Fahrrad, Bus und Bahn schafft und die Subventionierung günstiger Zeitkarten und Jobtickets ermöglicht.

 

Alle Maßnahmen sollten als Teil einer regionalen Planung begriffen werden. Die mitunter heftigen strukturellen Schwächen des Ballungsraumes können nur behoben werden, wenn die 75 Bürgermeister im Regionalverband an einem Strang ziehen.

 

Watt-Club / Montagsrunde

c/o W. Geiß

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8.5.17