Boulevard des Huguenots

Boulevard des Huguenots

Beeindruckend muss der Besuch im frankophilen Freiburg für die Reisegruppe des Wattclubs samt Bürgermeister und Erstem Stadtrat Anfang Oktober 2012 gewesen sein: Eine historische Altstadt, architektonisch überzeugende neue Quartiere, und alle durch ein dichtes Tramnetz verknüpft. Wie wäre sonst der urplötzliche Wunsch nach gleich zwei Tramlinien nach, nein durch Neu-Isenburg zu erklären? Denn die Sorge gilt nicht länger der Streckenführung, sondern der Stromzuführung. Die solle nach dem Vorbild prächtiger französischer Altstadtviertel unauffällig im Boden verborgen werden, um den Blick auf edle Fassaden nicht durch Drähte zu trüben.

Die immensen Kosten für dieses Konzept – neben der teuren Führung im Boden braucht es auch speziell ausgestattete Züge – scheinen zunächst mit Blick auf die eher schlichten Fassaden in der Frankfurter Straße kaum gerechtfertigt. Da steckt mehr dahinter. Wir ahnen es: Die mäßige Ästhetik unserer Hauptstraße lässt unseren Spitzenpolitikern keine Ruhe mehr. Sicher planen sie Großes. Wird Chefplaner Hess-Meinl dem großen Vorbild Charles-Eugène Haussmann nacheifern und die „Frankfurter“ zu einem Boulevard nach Pariser Vorbild umbauen? Mit den berühmten Blickachsen? Immerhin ist in den Grobzielen für die städtebauliche Entwicklung der „Neuen Mitte“ - vulgo „Stadtquartier Süd“ - die Rede von der Sicherung der vorhandenen Blickbeziehungen aus dem Quartier in die Umgebung sowie von außerhalb in das Quartier hinein. Erlebt unser hugenottisches kulturelles Erbe jetzt endlich den Durchbruch? Erreicht die aktuelle französische Renaissance der Tram und eine ebenso französische ältere, aber immer noch stilbildende urbane Baukunst die hessische Hugenottenmetropole?

Zu schön um wahr zu sein: Futuristische Tramzüge der Linie 14 rollen vom Südbahnhof fast lautlos über den Hugenottenboulevard via „Westtangente“ zum Flughafen, gekreuzt von der Linie 17, die Dreieich mit dem Frankfurter Hauptbahnhof verbindet. Wo früher Autos in zwei Reihen parkten, laden Bistrostühle zum Verweilen ein, elegante Damen bewundern die Auslagen ebenso eleganter Läden.

Das muss ja kein Traum bleiben. Von Freiburg lernen heißt einen Traum Wirklichkeit werden zu lassen.. Die Bezeichnung Tram leitet sich ja bekanntlich etymologisch aus dem Wort Traum ab: Erst die Tram bauen, dann entwickelt sich das Urbane fast von selbst. Mit der Straßenbahn in der „Frankfurter“ wäre der erste Schritt zum Boulevard getan.

Die Montagsrunde

19.10.2012