Visionen für das 21. Jahrhundert, Feb. 1999

Neu-Isenburg, eine Stadt, in der die Zukunft Gegenwart wurde!

Urbanium-Skizze

Die Botschaft des Umweltgipfels von Rio 1992 lautet: Wir sollen unsere Art zu leben, zu konsumieren, zu arbeiten und zu wirtschaften so umstellen, dass der hohe Resourcenverbrauch und die Umweltbelastungen nicht die Existenzchancen künftiger Generationen und auch nicht die der Menschen in den ärmeren Ländern des Südens gefährden.
Neu-Isenburg im Jahr 2020! Soeben wurde der Stadt der renommierte Zukunftspreis der Europäischen Gemeinschaft verliehen. Damit wird die zukunftsweisende modellhafte Umgestaltung der Stadt besonders in den Bereichen Verkehr, Wirtschaft, Wohnen und Kultur gewürdigt.

Das preisgekrönte Stadtentwicklungskonzept Neu-Isenburgs trägt den schlichten, aber treffenden Namen „Neuer Ort". Anknüpfend an den im Jahre 1699 gegründeten „Alten Ort" benannte man so anlässlich des 300. Stadtjubiläums das ehrgeizige Projekt einer modernen Neuauflage der Idealstadt! Diesmal nicht als idealer Grundriss auf der grünen Wiese, sondern als geplante Schaffung möglichst günstiger Lebensbedingungen für Menschen, die sich den Leitlinien der „lokalen Agenda 21" verpflichtet fühlten.
Das „Gewerbegebiet Süd" bot dafür wegen seiner von Autobahn- und Fluglärm verschonten Lage und wegen seiner unmittelbaren Citynähe den geeigneten Raum. Der Abzug der „Deutschen Branntwein-Monopol-Gesellsellschaft" und das Freiwerden des Geländes des städtischen Betriebshofs kamen da gerade recht. Die damalige Weitsicht der Politiker und ihr Mut zu verkehrspolitischen Weichenstellungen von geradezu historischer Bedeutung taten ein übriges:

  1. Bau der seit Jahrzehnten diskutierten Straßenbahn durch die Frankfurter Straße bis nach Sprendlingen.
  2. Ausbau der Westtangente (Zugverbindung Frankfurt-Hauptbahnhof und Flughafen) mit der Endstation „Isenburg-Mitte„ auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände.
  3. Endgültige Absage an eine Umgehungsstraße Rathenau-Siemensstraße.
  4. Umlenkung des Durchgangsverkehrs auf die umliegenden Autobahnen.
  5. Einführung der Nahverkehrs-Chipkarte, die jährlich mit der Steuerkarte ausgegeben wird und zur kostenlosen Nutzung des Rhein-Main-Verkehrsverbundes berechtigt.

Eines der Erfolgsgeheimnisse des „Neuen Orts" liegt zweifellos darin, dass hier grundlegend neue Formen von Bürgerbeteiligung praktiziert wurden. Neben der Einrichtung sog. Planungszellen war das v.a. die im Jahre 1999 gegründete Stiftung „Neuer Ort". Sie wurde Motor des Ganzen. Wer sich als Unternehmer oder zukünftiger Bewohner engagieren wollte, erwarb die Stiftungsmitgliedschaft und damit weitreichendes Mitspracherecht beim Aufbau „seines" Lebensprojektes.
Kriterien für das Vorhaben waren u.a.:

  • Schaffung gefahrenfreier Räume für Kinder, u.a. auch autofreie Wohnbereiche
  • Ausschöpfüng aller Einsparpotentiale (Solarenergie, Kraft-Wärme-Kopplung, Verwendung von Brauch-und Regenwasser etc.)
  • flächenschonende, verdichtete Bauweise
  • Nebeneinander von urbaner Dichte und grünen Oasen
  • Stadt der kurzen Wege (Arbeit, Leben und Freizeit im unmittelbaren Wohnumfeld)
  • Gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr


Die Modellsiedlung auf dem ehemaligen Betriebshof und Branntweinmonopolgelände hat sich längst zu einem überregional bekannten Mekka der Ökologiebewegung gemausert. Hier wetteifern die Bewohner um das energiesparsamste Haus, hier haben sich Eigentümergemeinschaften nach dem Vorbild amerikanischer „Cohousing"-Siedlungen organisiert, um verlorengegangene Formen nachbarschaftlichen Zusammenlebens wiederzubeleben und hier wurden gezielt Arbeitsplätze der Zukunft angesiedelt.

Keineswegs zufällig hat sich im „Neuen Ort" auch Neu-Isenburgs erstes Car-Sharing-Center angesiedelt. (Zwei weitere sind an der Kreuzung Offenbacher-Herzog-straße in Vorbereitung).

Begeistert ist man über die gelungene Cityanbindung des Neuen Ortes! An der rückgebauten IZ-Kreuzung und östlich des ehemaligen Güterbahnhofs ist im letzten Jahr das URBANIUM eingeweiht worden, ein wirklich außergewöhnliches städtisches Dienstleistungs- und Kommunikationszentrum, in dem u.a. die „Stiftung Neuer Ort", die „Neu-Isenburger Kultur-Oase" (einschließlich „Kunstbahnhof“) und die Nahverkehrsstation „Neu-Isenburg-Mitte" für Busse, Straßenbahn und Westtangente untergebracht sind.
Faszinierend ist die einmalige Architektur des URBANIUMS. Wegen seiner Ästhetik, seines kommunikativen Angebotes und seiner Multifunktionalität ist das URBANIUM in kürzester Zeit zum neuen Wahrzeichen der Stadt und zu einem beliebten und sehr frequentierten Treffpunkt der Neu-Isenburger geworden. Hier, am neugestalteten IZ-Kreuzungsbereich in Form einer großen Ellipse, befindet sich jetzt Neu-Isenburgs neue Mitte.

Die Frankfurter Straße ist im Verbund mit der Bahnhofstraße und dem „Alten Ort" zu einer attraktiven „Flaniermeile" avanciert. Als Folge der ökologischen Neubewertung des privaten und öffentlichen Verkehrs und des Baus der supermodernen Straßenbahn bis nach Sprendlingen fahren hier inzwischen nur noch halb so viele Autos wie am Ende des letzen Jahrhunderts.

Die energisch vorangetriebene Stadtentwicklung hat die Stadt weithin bekannt gemacht. Unternehmen konkurrieren um die knappen Standorte in dem neuen Mischgebiet im ehemaligen Gewerbegebiet Süd. Hier ist nämlich ein nebeneinander von Wohnen und Gewerbe möglich. Das nutzen vornehmlich kleinere mittelständische Unternehmen, schon allein wegen der immer weiter steigenden Mobilitätskosten. Die Stiftung kann bei dem Verkauf der kleinparzellierten Flächen zwischenzeitlich wählerisch sein. Es werden mittelständische Betriebe bevorzugt, die mit Beteiligungsmodellen die Arbeitnehmer am Erfolg ihres Betriebes beteiligen. Durch die „angezogenen" Verkaufserlöse der Grundstücke können frühere Verluste, die der Stadt durch aktive Wirtschaftsförderung entstanden sind, getilgt werden. Die Gründung von Beschäftigungsgesellschaften in der Übergangsphase zu der neuen Dienstleistungsstruktur Ende der Neunziger, die Vergabe von Bürgschaften für Existenzgründer, die Übernahme der Schirmherrschaft für Ausbildungsverhältnisse Jugendlicher und die ergänzende Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen haben für einen Anschub der örtlichen Wirtschaft gesorgt.

Montagsrunde