Kunst, 2.3.2009

Adam und Eva
oder
Kunst könne mer aach

 

Wie ordnungsliebende Dienstleistungsbetriebler tatkräftig in das Arrangement einer Skulpturengruppe eingreifen (auf der kleinen Insel im Bansaparkteich) und mutig eine ganz eigene Interpretation kreieren. 



Erster Akt

Es gab was zu gucken beim Laub Rechen, aber so richtig gefallen hatten ihnen die Holzmenschen nie.

„Müsse die da immer nackisch sei?“
„Vieleicht kann merr se ja aamale. Die Blumme sin doch aach buntisch.“

Die für ein Euro meinte, Adam und Eva wären aber auch nackt gewesen und angemalt hätte sie die noch nie gesehen.

„Un wie des Mädche schon da liehe duht. Die braucht sich net zu wunnern, wenn de Anner ab mecht.“

Dann wieder die für ein Euro, die Germanistische: „Na ja, bei Adam und Eva ging’s doch um Verführung, sogar um Sünde. Dagegen kann man Evas Haltung ja fast keusch nennen, eine ganz zarte Andeutung von Erotik nur.“



„So wie der da stehe duht, passt er net in die Weltgeschischt. Der waaß aach net, ob er schon gebracht worn is oder noch abgeholt werd.“
„Unn was saache sie, Fraa Dokter ?“

„Soll ich wirklich? Also:
Eva liegt einladend etwas hingewandt zu Adam, aber alles nur angedeutet und deshalb gleichermaßen zu sehen nur als ein hingebungsvolles Sonnenbad auf einer einsamen Waldlichtung.
Bei Adam ist der Bezug auf Eva ganz offensichtlich. Noch etwas vom Gebüsch verdeckt sieht er zu ihr hinüber und hält zur Begrüßung einen grün-weiß leuchtenden Blumenstrauß in seiner Linken.
Er will sie verführen, aber er zögert. Das kann man an seiner Haltung erkennen. Die ist nicht direkt auf sie ausgerichtet, sondern noch unentschlossen etwas abgewandt.
Trotz ihres grob-geschnitzten Äußeren strahlen ihre Annäherungsversuche doch eine große Zartheit aus, finden sie nicht auch?“

Zweiter Akt

Statt groß zu diskutieren, stürzten ein paar „coole“ Jungs den Adam einfach um und klauten ihm den Blumenstrauß als der Weiher mal zugefroren war.



Aus dem Himmel sah es der große Friedrich Stoltze und erweckte die Holzfiguren, die nun sprechen:

Er: Ach, Käthche, ach, erhör mich endlich !
Ich lieb dich, Gottverdamm’mich, schendlich !
Ach, dehste mich nor flenne seh,
du kennt’st waaß Gott net widdersteh !

Sie: Ach, Fridderich, halt doch dein Schnawel !
Dei Wort geht wie e Ofegawel
un wie e stumber Besenstiel
mer dorch mei weibliches Gefihl !

Dritter Akt

Beim Aufstellen ging’s hin und her.
„So steht der net gut.“
„Der muss enüber nach dem Mädche gugge.“
„Fraa Dokter?“

„Wenn sie Adam drehen, verändern sie den Charakter der Gruppe.“

„Karrakter, Karrakter, wenn hier aaner Karrakter habbe duht, guggd’er dem Mädche hie, wo er will.“

Adam wurde gegen die Bedenken von Frau Doktor auf Eva ausgerichtet und bekam einen neuen grün-weißen Blumenstrauß in die Hand gedrückt. Aber mit den Jahren waren die beiden fast schwarz geworden von der Witterung und die Dienstleistungsbetriebler durften wieder ran.

„Die mache mer widder ganz schee.“

„Aber doch nicht mit der Flex-Scheibe,“ rief Frau Doktor, „damit verhunzen sie die Oberflächenstruktur.“

„Die werd noch gugge, wie schee die wern.“
„Abber die duht recht habbe mit ihrer Struktur. An de Aache un an de Haarn duht des mit der Maschien ganz un gar net gehe.“
„Die lasse mer eefach schwarz un unne rum mache mer aach nix.“
„Ei gugge se etz emol, Frau Dokter. Sin se net schee worn?“

„Eva wirkt jetzt wie eine schlecht geschminkte nuttige Nackte mit verfärbten Haaren und Adam wie einer, vor dem Eva Angst haben muss trotz seines Blumenstraußes.“



Montagsrunde

p.s.: wer noch größere Ansprüche stellt, kann sich ab sofort Max Beckmanns Skulptur Adam und Eva in der Hamburger Kunsthalle ansehen. (10.2.14)