Politikstil, 26.11.2009

Montagsrunde rechnet mit der Stadt ab

Die CDU-dominierte Politik in Neu-Isenburg ist dem politischen Kreis nicht grün

Güterbahnhofsgelände


So leitet Manfred Wawra in der Frankfurter Neuen Presse seinen Artikel über ein Positionspapier der Montagsrunde ein.
Kritisiert werden konkrete Fehlentscheidungen der CDU und angeprangert wird die erdrückende Umarmungsstrategie der CDU.
Angehängt sind Entgegnungen von Oliver Quilling, CDU, FDP und das Positionspapier, das dem FNP-Artikel von Manfred Wawra zugrunde liegt.

Mit massiver Kritik an der Isenburger Stadtpolitik sparte die Montagsrunde nicht. In ihrem Rundumschlag geht die den Grünen nahe stehende Gruppe auch auf die politische Kultur in der Hugenottenstadt ein.

Neu-Isenburg. «Stadtplanerisches Desaster um das Güterbahnhofgelände», «Verschwendung von öffentlichem Geld am Verkehrsknoten Frankfurter- und Rathenaustraße», «patriarchalische Politik pur»: Die den Grünen nahe stehende Montagsrunde hat in einem Positionspapier zu einer umfassenden Kritik an der von der CDU-dominierten Stadtpolitik ausgeholt.

«Wir haben uns dabei nur einige wichtige Punkte herausgepickt, es gäbe noch viel mehr zu kritisieren», sagt Holger Tanzki stellvertretend für seine politischen Freunde aus der Montagsrunde.

Bei der Gestaltung des Güterbahnhofgeländes habe sich die Stadt mit Zustimmung des Magistrats - aber auch des Parlaments - blauäugig in die Arme eines Investors geworfen und «merkwürdig zustande gekommenen Versprechungen» geglaubt. Jetzt stehe die Stadt vor einem Scherbenhaufen und eine angemessene und der zentralen Lage des Areals würdige Gestaltung stehe in den Sternen.

«Der Investor ist jetzt verschwunden, die Sanierung des Shop-West des Isenburg-Zentrums ist auf unabsehbare Zeit verschoben», so Tanzki. Nun greife die Stadt «in ihrer Hilflosigkeit» zu der schon einmal verworfenen Idee, dort einen Supermarkt zu bauen.

Unnötige Ausgabe
«Objektiv unnötig» sei aus Sicht der Montagsrunde auch die «kostspielige» Lärmschutzwand an der Rathenau-Kreuzung mit einem vermutlichen Kostenaufwand von 300 000 Euro, «zu der sich das CDU-dominierte Stadtparlament befleißigt gesehen hat».

Tatsächlich halte ein gesondert erstelltes Lärmgutachten für die ausgebaute Kreuzung eine solche Lärmschutzwand nicht für notwendig. «Angesichts wachsender Defizite im Haushalt schmerzt diese unnötige Ausgabe. Gibt es noch öffentliche Kontrolle in der Stadt, wer setzt der CDU Schranken?», fragt Tanzki.

Ein weiteres Beispiel dafür, die Öffentlichkeit und die politische Kontrolle «weitgehend ins Leere laufen zu lassen», sei die mobile Jugendhilfe, die jetzt in der Trägerschaft der TSG Neu-Isenburg sei. Die für die Steuerung des Präventionsprojektes im Rathaus eingesetzte Stabsstelle sei im Oktober «aus der Öffentlichkeit nicht bekannt gewordenen Gründen» aufgelöst und bei der TSG - «mehr oder weniger gegen den Willen des Vereins» - ein Vereinsbeauftragter für das Projekt eingesetzt worden, «pikanterweise in der Person des Ersten Stadtrats Herbert Hunkel». Damit sei das an sich vernünftige und auch durchaus erfolgreiche Projekt der öffentlichen Kontrolle entzogen worden.

Entpolitisiertes Klima
Und dann kommt die Montagsrunde auch noch auf die politische Kultur in der Stadt zu sprechen. «Die politische Klasse Neu-Isenburgs» sei zwar stolz auf die politische Konsens-Kultur, «wir bräuchten aber statt nur Konsens auch mal verstärkt politische Auseinandersetzungen in Neu-Isenburg», mahnt Tanzki an.

«Die «politischen Entscheidungsträger» in Neu-Isenburg beschränkten sich auf etwa 250 Personen, welche den Ton angeben, «die Stadtverordneten, die Führungskräfte in der Stadtverwaltung, die Vorstände der Vereine und einige Geschäftsleute, Personen, die sich auch im karnevalistischen Treiben wiederfinden».

Die Personifizierung dieses Konsenses sei der CDU-Bürgermeister, Oliver Quilling sei ein Beleg für das «spezifische entpolitisierte Klima» in der Stadt. Der in Neu-Isenburg breit angelegte Konsens erschwere die «angemessene Auseinandersetzung mit Herausforderungen». Das Ergebnis sei eine wenig transparente Politik.

Erbhof der CDU
In der Stadt Neu-Isenburg habe eindeutig die Verwaltung die Oberhand gewonnen, so Tanzki. Die Politik erlaube sich allenfalls «Zwischenrufe» und erschöpfe sich «auf allen Ebenen in Ritualen». Mit dem geplanten Machtwechsel an der Rathausspitze werde diese Politik weiter zementiert. «Soll die Stadt ein Erbhof der CDU werden?», fragt sich Tanzki.

mw



Entgegnung des Bürgermeisters Oliver Quilling
:
(von Manfred Wawra)
MEINUNG:
Bürgermeister wehrt sich
Neu-Isenburg.
Dass es am Güterbahnhofgelände und am Shop-West des Isenburg-Zentrums nicht richtig voran geht, ist auch dem Magistrat ein Dorn im Auge. Bürgermeister Oliver Quilling (CDU) hatte versichert, noch vor seinem Wechsel auf den Posten des Landrats in dieser Angelegenheit alle Hebel in Bewegung zu setzen. Auch Erster Stadtrat Herbert Hunkel (parteilos), der in Isenburg Bürgermeister werden möchte, hat dieses Thema ganz oben auf seiner Agenda stehen.


Quilling erinnert daran, dass die Bebauung einstimmig vom Parlament beschlossen wurde. Letztlich hätten der Absprung eines Autohauses und die Wirtschaftskrise dazu geführt, dass es dort nicht weitergeht. Er kündigt an, dass alles auf einen Lebensmittelmarkt der «gehobenen Klasse» hinauslaufe. Dafür müsse noch der Bebauungsplan geändert werden.

Die Kritik der Montagsrunde an der Lärmschutzwand an der Kreuzung Frankfurter- und Rathenaustraße weist Quilling zurück: «Wir wollen damit die Anwohner im Pappelweg vom Straßenlärm, unter dem sie heute schon leiden, entlasten.» Das sei so vom Stadtparlament beschlossen worden und müsste eigentlich auch im Interesse Grüner Politik sein.

Auch die Kritik der Montagsrunde an Hunkels Funktion als Vereinsbeauftragter für Jugendprävention mag Quilling so nicht stehen lassen: «Hunkel fungiert lediglich als Ansprechpartner und als Relaisstation zwischen Verein und der Stadt, da ist nichts Anrüchiges dran.» Die TSG habe mittlerweile der Trägerschaft für das Präventionsprojekt bis zum 31. Dezember 2010 zugestimmt, außerdem sei das Projekt steuerbefreit.

Zum Schluss fordert Quilling die Montagsrunde auf, «mit offenem Visier zu kämpfen». Die Mitglieder seien politisch nicht neutral, sondern Grünen-Vertreter, das müssten sie auch deutlich machen. Die Montagsrunde sei auch in der Partei nicht unumstritten. «Sollen sie halt als freie Kandidaten in die Politik gehen».

mw


Kommentare der CDU und der FDP: (von Manfred Wawra am 27.11.2009 in FNP)


«Krawallkurs eines Zirkels»
CDU kritisiert die Montagsrunde und will an der Konsens-Politik festhalten
Die CDU wertet die Politik-Kritik der Montagsrunde als Angriff auf die eigenen Leute bei den Grünen. Diese müssten sich entscheiden, ob sie an einer vernünftigen Entwicklung der Stadt teilhaben möchten.

Neu-Isenburg. «Die Forderung der den Grünen nahe stehenden Montagsrunde, auf eine Lärmschutzwand an der Kreuzung Frankfurter Straße/Ecke Rathenaustraße zu verzichten, ist eine Verhöhnung der dortigen Anwohner im Buchenbusch», sagt der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Thorsten Klees. Auch wenn ein Lärmgutachten ergeben habe, dass mit dem Ausbau der Rathenaukreuzung keine stärkere Lärmbelastung für die Anwohner zu erwarten sei, «wollen wir mit einer durch Begrünung verdeckten Lärmbarriere eine zusätzliche Beruhigung für die bereits heute stark vom Verkehrslärm betroffenen Anwohner erreichen».

Die CDU sei aber nicht nur wegen der Verurteilung einer Lärmschutzwand erstaunt, sondern auch wegen der Kritik an anderen Projekten wie dem Streetworker-Modell oder der Bebauung des Güterbahnhofgeländes. Auffällig sei, so Klees, dass die Montagsrunde Entscheidungen kritisiere, die von den Grünen im Stadtparlament mitgetragen würden. «Wir werten den Rundumschlag daher weniger als Angriff auf die CDU, sondern vielmehr als einen Angriff auf die eigenen Leute.» Der «radikalen Splittergruppe der Grünen» scheine nicht zu gefallen, dass CDU und Grüne gelegentlich gemeinsam für wichtige Vorhaben stimmen.

Als «führende politische Kraft in Isenburg» werde die Union auch weiterhin an ihrem Konsens-Kurs festhalten, bei wichtigen Entscheidungen alle demokratischen Parteien einzubinden, gemeinsame Lösungen zu suchen und auch die Meinung von Vereinen zu berücksichtigen, betont Klees. Die Grünen müssten sich entscheiden, ob sie zukünftig «den Krawall-Kurs ihres Zirkels Montagsrunde» übernehmen wollen, oder weiterhin an einer vernünftigen Entwicklung der Stadtpolitik teilhaben möchten.

Zusätzliche Brisanz
Zusätzliche Brisanz erhalte diese Frage dadurch, dass der Vorstandsprecher der Grünen, Klaus Richter, gleichzeitig einer der führenden Köpfe der Montagsrunde sei. Klees meint: «Somit ist Herr Richter einer der heftigsten Kritiker der eigenen Fraktion und findet sich zunehmend in Opposition zu den Beschlüssen der eigenen Fraktion.

Staatstragendes Verhalten
Das Hauptproblem in der politischen Kultur Neu-Isenburgs ist nach Auffassung der FDP das immer wieder «auffällig staatstragende Verhalten» der Grünen-Fraktion im Stadtparlament. «Und hier muss ich vor allem das Konsens-orientierte Verhalten der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Maria Sator-Marx und ihre argumentative Schützenhilfe für klassische CDU-Positionen ansprechen», so Müller. «Eine solch wachsweiche Opposition hat die Stadt noch nicht erlebt.» Offenbar sei dies auch genau der Punkt, den die ebenfalls grüne Montagsrunde «zu Recht anprangert». Dies zeige überdeutlich, welcher Riss durch die Grünen gehe und wo das eigentliche Problem liege. Häufig habe der Beobachter den Eindruck, die Grünen stünden politisch der CDU näher als der SPD. Dies sei im Hinblick auf die Ausrichtung der Grünen als möglicher Koalitionspartner der CDU nach der nächsten Kommunalwahl aber durchaus nachvollziehbar.
mw



Dem Artikel "Montagsrunde rechnet mit der Stadt ab" zugrunde liegendes Positionspapier der Montagsrunde
:

Das Problem mit dem Isenburger Konsens

Neu-Isenburg ist eine Kleinstadt. in der es sich gut leben läßt, jedenfalls wenn man sich mit dem Fluglärm abfindet. Die Stadt hat überdurchschnittliche öffentliche und private Dienstleistungsangebote. Schulen, Kitas, ein Schwimmbad mit mäßigen Eintrittspreisen, gut ausgestattete Bibliotheken, Einkaufsmöglichkeiten und ein durchaus interessantes Kulturangebot. Die Stadt ist auch dynamisch, weltoffen. Jedes Jahr ziehen etwa 5 Tausend Bürger zu und ebenso viele verlassen die Stadt wieder. Rein statistisch erneuert sich der Bestand an Einwohnern alle 7 Jahre. Frankfurt am Main braucht dafür 13 Jahre.

Die Stadt dürfte aus diesen Gründen bei jedem Vergleich einen Spitzenplatz einnehmen.
Anders sieht es aus, wenn man die Art, wie in Isenburg Kommunalpolitik gemacht wird, sich genauer ansieht.

Das stadtplanerische Desaster rund um das Güterbahnhofsgelände
Bei der Gestaltung des Güterbahnhofsgeländes hat man sich einem Investor in die Arme geworfen und merkwürdig zustande gekommenen Versprechungen geglaubt. Jetzt steht die Stadt vor einem Scherbenhaufen und eine angemessene, der zentralen Lage des Ortes würdige Gestaltung steht in den Sternen. Der Investor ist jetzt verschwunden, die Sanierung des Neu-Isenburg Zentrums in seinem Teil „Shop West“ auf unabsehbare Zeit verschoben, die Nutzung des „Kunstbahnhofs“ für unabhängige Initiativen konzeptionell platt und es droht –so die neueste Idee- ein Supermarkt auf dem Gelände. Eine Idee, welche die Voreigentümerin, die Immobiliengesellschaft der Deutschen Bahn, schon vor den Grundstücksgeschäften mit dem Investor hatte und die sie nicht verfolgen konnte, weil ihr die Stadt –zu Recht!- das entsprechende Baurecht verweigert hatte. Jetzt ist die Lage verfahren und die Stadt greift in ihrer Hilflosigkeit auf diese, schon einmal verworfene Idee zurück. Die Idee, auf dieses Gelände das Rathaus zu verlegen, hat die Stadtverordnetenversammlung verworfen. Mit guten Gründen? Für einen Supermarkt in Flachbauweise? Sicher eine kongeniale Ergänzung zu dem schwarzen Klotz von Gebäude auf dem Gelände, einem Bunker gleich, in das der Investor als erste bauliche Maßnahme nach dem Erwerb eine Spielothek untergebracht hatte!

Es werden öffentliche Mittel fehlgesteuert, wenn nicht gar verschwendet!
Nehmen wir das Beispiel des neu im Bau befindlichen Verkehrsknotens Frankfurter Straße/Rathenaustraße im Süden an der Straße nach Dreieich. Dort wird die Stadt eine kostspielige Lärmschutzwand mit einem vermutlichen Kostenaufwand von über 300 Tausend Euro errichten. Man munkelt, dass dies aus personeller Rücksichtnahme geschieht, zu der sich die Mehrheitsfraktion der Stadtverordnetenversammlung befleißigt sieht. Tatsächlich hält das gesondert erstellte Lärmgutachten für die ausgebaute Kreuzung eine solche Lärmschutzwand nicht für notwendig. In Zeiten absehbar auflaufender Defizite im Stadthaushalt schmerzt diese objektiv unnötige Ausgabe sehr. Wie kann es sein, dass man damit durchkommt, ohne mit dem nötigen Nachdruck dafür verantwortlich gemacht zu werden? Gibt es noch öffentliche Kontrolle in der Stadt? Wer setzt der CDU Schranken?

Patriarchalische Politik pur: Wenn man weiß, was gut für die Stadt ist, braucht man keine öffentliche Verwaltung mehr!
Ein weiteres Beispiel für eine kreative Form, die Öffentlichkeit und die politische Kontrolle weitgehend ins Leere laufen zu lassen, ist die „Mobile Jugendhilfe“, vormals im Kampfsportverein Seishin angesiedelt, jetzt in der Trägerschaft der TSG Neu-Isenburg e.V.

Dieses Projekt hat Licht und Schatten! Das Polizeipräsidium Südosthessen sieht die Streetworker als Leuchtturm der Gewaltprävention, die von Jugendgruppen ausgeht. Im November 2008 war das Projekt eines der Preisträger des 6. Hessischen Präventionspreises. Dann der Schatten: Seit dem Februar 2009 wurde ein hässlicher Familienkonflikt mit schweren, wohl auch strafrechtlich relevanten Vorwürfen aus dem Umfeld des Vereins Seishin in die Öffentlichkeit getragen. An diesem Konflikt drohte das Projekt zu scheitern.

Doch es wurde wieder Licht! Der Erste Stadtrat, der das Projekt aus der Taufe gehoben hatte, firmierte um. Es wurde eine Stabsstelle bei der Stadt eingerichtet, geleitet von einem Sozialarbeiter. Das Projekt kam in die Trägerschaft der TSG. Die Stadt bezuschusste das Projekt mit rund 160 Tausend Euro.

Doch nun? Die Stabsstelle wird im Oktober 2009 aus der Öffentlichkeit nicht bekannt gewordenen Günden aufgelöst und bei der TSG mehr oder weniger gegen ihren Willen ein „Vereinsbeauftragter für das Präventionsprojekt“ installiert, pikanterweise in Person des Ersten Stadtrats. Was ist da geschehen? Warum sieht sich der erste Stadtrat genötigt, die Projektleitung aus dem sachlichen und personellen Organigramm der Verwaltung herauszulösen? Warum wird bei diesem heiklen, aber wohl auch sinnvollen Projekt gegen den in der öffentlichen Verwaltung wichtigen Grundsatz des Vieraugenprinzips verstoßen? Warum bleibt bei diesem Projekt das für eine ordnungsgemäße Verwaltung Notwendige auf der Strecke: Regelmäßige Evaluation, klare Regeln für die Dienstaufsicht, unmittelbare Kontrolle der Ausgaben und ihre Verwendung, klare Aufgabenbeschreibung für die vier Streetworker und gegebenenfalls aufgabenbezogene Nachqualifizierung.

Ein Projekt, welches auf diese Weise zur Chefsache geworden ist, beruht auf Vertrauen und auf persönlichen Beziehungen. Es hat sich weitgehend der öffentlichen Kontrolle entzogen. Das ist vormodernes Politikverständnis. Demokratische Politik auf der Höhe der Zeit entzieht eine kommunale Kernaufgabe dieser Art nicht der öffentlichen Kontrolle.

Statt Konsens braucht Neu-Isenburg politische Auseinandersetzung

Die politische Klasse in Neu-Isenburg ist stolz auf „unsere besondere politische Kultur im Umgang miteinander“. Mit politischer Klasse sind jene etwa 250 Personen gemeint, die in der Stadtverordnetenversammlung, der Verwaltung ab A 13, den Vereinen, im Geschäftsleben und – ganz wichtig –im karnevalistischen Treiben dieser Stadt den Ton angeben. Sie treffen sich häufig im gesellschaftlichen Leben der Stadt, sind freundlich zueinander und lieben den Konsens. Das ist angenehm und schafft Nähe. In unserer Stadt sitzen wir doch letztlich alle im selben Boot. Dieser Isenburger Konsens wird als Wert an sich geschätzt, obwohl Politik in der Demokratie gerade aus dem Widerstreit unterschiedlicher Argumente und Konzepte ihre Kreativität zieht. Der Isenburger Bürgermeister ist die Personifizierung dieses Konsenses. Sein hohes Wahlergebnis geht nicht zuletzt auf sein freundliches, umgängliches Wesen zurück und es ist ein Beleg für das spezifische entpolitisierte Klima in der Stadt.

Im politischen Raum hat man sich eingerichtet, es sich bequem gemacht. Die Alternativen der Gestaltung werden nicht deutlich. Wie sollen die Bürger sich entscheiden, wenn nicht mehr klar ist, wer für was steht. Der in Neu-Isenburg breit angelegte Konsens erschwert die angemessene Auseinandersetzung mit Herausforderungen. Dass Ergebnis dieses Konsenses ist eine paternalistische, wenig transparente Politik. Neu-Isenburg braucht dringend eine politische Streitkultur, in der die wichtigen Zukunftsfragen zur Sprache kommen.

Konsens darf es nur dann geben, wenn eine Lösung für eine Sachfrage von allen vernünftigerweise gebilligt werden kann. Dagegen sind Kompromisse in wichtigen Sachfragen oft fragwürdig. Es muss für die Bürger erkennbar sein, wer eine politische Entscheidung zu verantworten hat. Zum Wesen der Demokratie gehört nun einmal, dass nur über die politische Auseinandersetzung eine Minderheit zur Mehrheit werden kann. In wichtigen Fragen kann man seine Zustimmung nicht für ein Linsengericht weggeben.

Aufgabe der parlamentarischen Opposition ist es, Alternativen aufzuzeigen, Vorschläge zu machen, für transparente Verfahren einzutreten, die öffentliche Kontrolle auszuüben. Hierzu sind klare politische Standpunkte nötig, denn nur sie verhindern einerseits ein Abgleiten in eine Fundamentalopposition, andererseits den nicht angemessenen Kompromiss. Hierzu braucht es zumindest in Sachfragen Distanz zu der politischen Mehrheit, gerade weil sie in Neu-Isenburg mit freundlichen Umarmungen und kleinen Gefälligkeiten bislang außerordentlich erfolgreich operiert.

In den Institutionen unseres staatlichen Lebens vom Gesamtstaat bis hinunter in die Gemeinde stehen sich Politik und Verwaltung in einem Spannungsverhältnis gegenüber. Verwaltung soll Aufgaben erfüllen, organisieren, effizient und sparsam sein. Politik greift dagegen die Anliegen des Wahlvolkes auf, soll die Willensbildung in politische Ziele übersetzen, formuliert erst die Aufgaben für die Verwaltung. Positiv für das Gemeinwesen ist es, wenn sich diese beiden Bereiche ergänzen und in einem fruchtbaren Dialog stehen. Negativ ist es, wenn einer den anderen nicht zur Entfaltung gelangen lässt.

In Neu-Isenburg hat eindeutig die Verwaltung die Oberhand gewonnen. Die Stadt wird verwaltet wie ein mittelständischer, familiär geführter Betrieb, die Politik erlaubt sich allenfalls Zwischenrufe, erschöpft sich auf allen Ebenen in Ritualen. Die diesen Filter durchdringenden und manchmal doch aufkommenden wichtigen und existentiellen Fragen der Bürger und Bürgerinnen werden zur Not lächerlich gemacht. Es ist auch zu beobachten, dass zukunftsweisende und von Verantwortung getragene Initiativen der parlamentarischen Opposition von der herrschenden Mehrheit kassiert, manchmal regelrecht niedergebügelt werden. Das stilbildende politische Klima in der Stadt sorgt schon dafür, dass es bei politischem Geplänkel bleibt.

Kann sich dies überhaupt ändern? Die personellen Planspiele im Rathaus, die sich derzeitig abzeichnen, geben kaum Anlass zur Hoffnung. Sie signalisieren ein „Weiter so“!

Soll Neu-Isenburg ein Erbhof der CDU werden? Soll tatsächlich auf Quilling der Erste Stadtrat Hunkel als Bürgermeister folgen und – so ist es geplant – soll der Fraktionsvorsitzende der CDU Schmidt für die Zeit Erster Stadtrat sein, in der Herbert Hunkel Bürgermeister für eine Wahlperiode sein wird, damit ihn dann der inthronisierte Erste Stadtrat Schmidt beerben kann? Soll es bei dieser Politik bleiben?

Es geht um die Zukunft Neu-Isenburgs! Es geht um eine Politik des Wettbewerbs der Ideen. Es geht um stadtplanerische Ideen, es geht um die Versorgung der Bevölkerung mit öffentlich gefördertem Wohnraum mit bezahlbaren Mieten, es geht um den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und es geht auch um eine zukunftsfeste Energiepolitik vor Ort.

Montagsrunde